Kulturhybriden: Ergänzende Feststellungen und Erklärungen Henk P. Ruinaard (Manuskripteingang 30. Mai 2018) Im Ecf 31 (2) 2018 habe ich ausführlich über meine Erfahrungen mit Echinocereus- Kulturhybriden berichtet. Der Schwerpunkt wurde dabei auf triploïde Hybriden gelegt und ihre Möglichkeiten sich generativ weiterzuvermehren. Nach der Veröffentlichung wurde festgestellt, dass es am Ende des Artikels eine inhaltliche Diskrepanz zwischen dem Text und der Tabelle 2 gibt. Im Text steht: „Sehr auffallend ist es, dass bis heute die Früchte aus den Bestäubungen triploïder F1-Geschwister ein Gemisch von zum Teil sehr wenigen triploïden und vielen tetraploïden Samen oder nur tetraploïde Samen liefern (Tabelle 2)." Jedoch wird in Tabelle 2 für das DNSMuster HR648 eine Ploïdie von 2x + 4x (10/90) dargestellt, also sind 10 % dieses Musters diploïd! Es ergibt sich aus der Kontrolle der originalen Messdaten, dass dieses Ergebnis korrekt ist. Als Schlussfolgerung wird hier mit festgestellt, dass von triploiden Eltern sowohl tetraploïde, triploïde als auch diploïde Samen produziert werden können. Die biologische Erklärung dieses Phänomens lautet wie folgt: Die geschlechtliche Fortpflanzung bei Pflanzen findet mittels Verschmelzung von weiblichen und männlichen Geschlechtszellen, den sogenannten Gameten, statt. Gameten werden bei der Meiose produziert. Dabei splitten sich die Chromosomensätze in identische Teile (Pollenmutterzellen bzw. Eizellen). Diploïde Pflanzen produzieren haploïde Gameten (2x=x+x) und tetraploïde Pflanzen produzieren diploïde Gameten (4x=2x+2x), jedoch können bei triploïden Pflanzen, deren drei Chromosomensätze nicht in gleichmäßige Teile aufgesplittet werden (3x=2x+x). Bei ihrer Teilung entstehen deshalb Aneuploïden (Ploïdiemutationen) bzw. haploïde und diploïde Gameten mit manchmal zu wenigen oder zu vielen Chromosomen. Unter der Voraussetzung, dass eine diploïde Zelle 22 Chromosomen und eine tetraploïde Zelle 44 Chromosomen enthält, besitzt eine triploïde F1-Zelle dann 33 Chromosomen. Bei der späteren geschlechtlichen Zellteilung solcher triploïden Hybridpflanzen enthalten die produzierten Gameten nicht immer 11 bzw. 22 Chromosomen, sondern vielleicht nur 10 bzw. 20 und noch einige aneuploïde Chromosomen oder einige kleinere Chromosomenteile. Bei der Vereinigung solcher aneuploïden Gameten, von triploiden weiblichen und triploiden männlichen Pflanzen, geht infolge deren Kreuzbestäubung und Verschmelzung zur F2-Generation deshalb fast immer etwas schief! Nur wenige Samen entstehen und noch weniger F2- Keimlinge sind lebensfähig. Nur sehr selten wird triploïder F2-Samen gebildet. Es entstehen hauptsächlich tetraploïde oder diploïde F2-Samen. Ein Beispiel einer hybriden Nachzucht wird im Bild 2 gezeigt. Die zwei großen Pflanzen hinten im Bild wurden aufgezogen aus triploïden Samen der Kreuzung E. scheeri subsp. gentryi x E. acifer subsp. ventanensis. Diese Pflanzen der F1-Generation sind tatsächlich triploïd (ermittelt an den Wurzeln). Die vier kleineren Pflanzen vorne im Bild sind F2-Sämlinge aus der Bestäubung dieser zwei großen Pflanzen. Die F2-Samen waren zu 90% tetraploïd. Die vier Sämlinge sind alle tetraploïd (ermittelt an den Wurzeln). Zwischenzeitlich haben gezielte Bestäubungen gezeigt, dass sogar pentaploïde F2-Samen entstehen können. Ein Ergebnis ist aber auch, dass in der F2-Generation nur noch wenige Samen produziert werden, welche in der überwiegenden Anzahl tetraploïd, und nur in geringer Anzahl diploïd, triploïd oder pentaploïd sind. Die bessere Chance für eine erfolgreiche Vermehrung von triploïden F1-Pflanzen gibt es, wenn der Pollen vom triploïden Vater (soweit er verfügbar ist) in Kontakt mit dem Griffel einer diploïden Mutter gebracht wird. Auch kann der Griffel einer triploïden Mutterpflanze mit dem Pollen einer diploïden Vaterpflanze bestäubt werden. Diese Rückkreuzungen ergeben dann überwiegend diploïde Nachkömmlinge. Auch kann der Griffel einer triploïden Mutterpflanze mit dem Pollen einer tetraploïden Vaterpflanze bestäubt werden. Diese Rückkreuzung ergibt dann überwiegend tetraploïde Nachkömmlinge. Ploïdie: Anzahl der (kompletten) Chromosomensätze in einer Zelle (Kern-DNS) haploïd: ein Chromosomensatz diploïd: zwei Chromosomensätze triploïd: drei Chromosomensätze Aneuploïdie: Genmutation oder Ploïdiemutation infolge fehlerhafter Teilung der Chromosomen Gameten: Geschlechtszellen oder geschlechtliche Fortpflanzungszellen Meiose: geschlechtliche Zellteilung, auch Reduzierungs- oder Reifungsteilung bzw. Reifeteilung Danksagung: Dr. B.J.M. Zonneveld (Naturalis, Universität Leiden) für botanische Beratung Dr. Ir. C.J.J.M. Raemakers (Plant Cytometry Services) für Ploïdiemessungen und botanische Beratung