Neue Standorte von Echinocereus bonkerae subsp. apachensis? Gerhard und Gisela Böhm Bis zu ihrer Erstbeschreibung standen diese wunderschön bedornten Pflanzen hauptsächlich als Echinocereus boycethompsonii1) in den Sammlungen. Erst 1998 wurden sie dann als Echinocereus apachensis Blum & Rutow beschrieben. Zur Verbreitung wurden von den Autoren das Gebiet um den Apache Trail (Hwy Az88) im Maricopa County in Arizona sowie vier benachbarte Counties genannt. Im Jahr 2000 bestätigte E. Lutz die Nähe zu E. bonkerae, kombinierte ihn aber ungültig als E. bonkerae f. apachensis. Erst 2009 stellte A. D. Zimmerman das Taxon als Subspezies zu E. bonkerae (im Folgenden nur mit „apachensis“ bezeichnet). Obwohl bereits in der Erstbeschreibung fünf Counties als Standorte (StO) des „apachensis“ genannt sind, allerdings ohne weitere Hinweise, dürfte der StO im Umkreis des Fish Creek Hill am Apache Trail doch der bekannteste sein. Vermutlich sind die meisten in unseren Sammlungen stehenden „apachensis“ Abkömmlinge von Pflanzen aus diesem Gebiet. Henk Ruinaard nennt in seiner umfangreichen und beachtenswerten Untersuchung zur Unterscheidung des E. engelmannii subsp. fasciculatus und der Unterarten des E. bonkerae2) noch zwei weitere mögliche StO für „apachensis“, versieht diese aber gleichzeitig wegen der geringen Anzahl der angetroffenen Individuen mit einem Fragezeichen3). Eine Beschreibung der Pflanzen, insbesondere des auffälligen Dornenbildes wurde durch Ruinaard ausführlich erstellt und erübrigt sich hier. 1. Apache Trail, Fish Creek Hill und Umgebung Auch wir erkundeten während vieler Besuche das verhältnismäßig einfach zugängliche und bereits gut erforschte Areal zwischen den Meilen 216 und 225 um den Fish Creek Hill. Leider ist das Gebiet nach Norden hin durch die Steilwände der Canyons zum Salt River nahezu unzugänglich. Ebenso wie das nach Osten, wo die Straße auf einer abenteuerlichen Strecke entlang der Steilwand des Canyons hinab zum Fish Creek verläuft. Deshalb sind im Wesentlichen nur die südlichen und westlichen Gebiete bekannt und untersucht. Wir haben den „apachensis“ in einem Umkreis von etwa 3,5 km Luftlinie in der Umgebung des Fish Creek Hills allerdings nur in einer Höhe oberhalb von etwa 750 m angetroffen (Bild 1a). Unterhalb von 650 m sahen wir nur Echinocereus engelmannii subsp. fasciculatus (im Folgenden nur als „fasciculatus“ bezeichnet). Nur in der relativ schmalen Zone dazwischen sahen wir beide Arten gemeinsam. Der tiefste Punkt, an dem wir allerdings nur sehr wenige und unseres Erachtens nicht sehr typische E. apachensis lokalisieren konnten (14 Rippen und mehr), befindet sich in 670 m beim vermuteten Typstandort (Abb. 1b). Wir sahen hier allerdings überwiegend langbedornte „fasciculatus“ mit höchstens 14 Rippen. Dieser Fundort liegt etwas oberhalb des Lewis & Pranty Creeks, nicht weit entfernt von der Mündung in den Fish Creek. Auf der Suche nach „apachen-sis“ im Umkreis des Typstandortes freuten wir uns über den Fund eines alten, massiven Aluminium-Guss-Duschkopfes, einem historischen Relikt des ehemaligen Fish- Creek-Hotels und ganz besonders über unsere ersten Gilamonster (Gila-Krustenechse) in freier Natur (Abb, 1c). Bei vielen weiteren Stopps entlang des insgesamt etwa 75 km langen Apache Trails sahen wir dann nur noch „fasciculatus“,obwohl die Straße an einigen Punkten bis auf 900 m Höhe ansteigt4). Die bis zu 1500 m hohen Berge auf der gegenüberliegenden Seite des Salt Rivers und seiner aufgestauten Seen hätten wir ebenfalls gerne besucht. Leider blieben sie für uns ohne Boot unerreichbar. Zu erwähnen ist, dass wir die beiden Arten im Umkreis des Fish Creek Hills, aber auch an den weiteren Orten durch die Rippenzahl und das Dornenbild und dem davon abgeleiteten typischen Erscheinungsbild der Pflanzen unterschieden haben und während der Blütezeit auch an der Größe der Blüten. Dass die Rippenzahl auch zu ungenauer Bestimmung führen kann, darauf hat Henk Ruinaard in einem weiteren Aufsatz hingewiesen5). Zu den folgenden beiden für uns neuen Standorten ließen wir die Ploidie von Pflanzen aus unterschiedlichen Höhenlagen ermitteln. 2. Superstition Mountains, Flatiron, Apache Junction/Az (GGB124) Am westlichen Ende des Apache Trails, etwas östlich von Apache Junction, liegt am Fuße der Superstition Mountains der Lost Dutchman State Park. Ein komfortabler Campingplatz in diesem Park ist seit Jahren für uns einer der Stützpunkte, wenn wir uns im Gebiet von Phoenix aufhalten. Vom State Park in 600 m führt bis zum sogenannten Siphon Draw ein guter und leichter, ab diesem Punkt aber sehr beschwerlicher Pfad durch eine steile Felsschlucht hinauf zum Gipfel. Dieser liegt in etwas über 1500 m und ist aus riesengroßen Granit-Felsbrocken geformt. Etwas tiefer, in ca. 1430 m, befindet sich ein großes Plateau auf einer gewaltigen Felsenklippe, der grandiose Flat iron (Bügeleisen), der wie ein riesiger Schiffsbug mit seinen ca. 200 m hohen senkrechten Wänden über der Ebene steht (Abb. 2a). Von dort hat man unvergessliche Ausblicke über das Land. Schon vor Jahren, bei unserer ersten Tour hinauf zum Flatiron, fielen uns die vielen und schönen, meist goldbraun bedornten, verhältnismäßig niedrig wachsenden Echinocereus-Gruppen auf. Sie hatten lange und überwiegend verdrehte Dornen (Abb. 2b). Die ersten Pflanzen kamen noch sehr spärlich in einer Höhe von 900 m vor. Erst ab 1000 m sahen wir wieder Individuen dieser Pflanzen. Dort allerdings recht häufig. Ursprünglich hielten wir diese Pflanzen für eine Höhenform des in tieferen Lagen mit einem wesentlich größeren Körper vorkommenden „fasciculatus“. Auch deshalb, weil die Dornenfarben eher dem goldgelben Farbton des „fasciculatus“ ähnelten und nicht so vielfarbig waren wie am Fish Creek Hill. Erst wenige Jahre später konnten wir anhand von Samen die Ploidie ermitteln lassen und klären, dass die herrlich bedornten Pflanzen einen Chromosomensatz wie „apachensis“ besitzen. Damit bestätigte sich auch unsere Vermutung. Die Rippenzahl der untersuchten Pflanzen lag zwischen 14 und 18, wobei weniger als 16 Rippen seltener waren. Mittlerweile haben wir viele, zum Teil auch schwierig erreichbare Plätze im Bereich des westlichen Aufstiegs der Superstition Mountains untersucht, auch den gewaltigen Hügelrücken, direkt unterhalb der Steilwand des Flatiron, zu dem oberhalb des Siphon Draw Trails, etwas versteckt, ein nicht markierter Trampelpfad abzweigt. Wir konnten feststellen, dass die „apachensis“-Populationen ab etwa 1000 m wirklich sehr umfangreich sind. Das gilt sowohl für das felsige Plateau des Flatiron (Abb. 2b) als auch den gesamten Gipfelbereich und den Bergrücken unterhalb. Lediglich in der steilen, mit Büschen bewachsenen engen Schlucht des Pfades oberhalb des Siphon Draw Trails bis hinauf zum Flatiron in 1400 m fehlen sie mangels ausreichender Sonneneinstrahlung fast vollständig. Besonders gefreut hat uns der Fund von drei cristatförmigen Pflanzen (Bild 2c). Unterhalb von 900 m fanden wir nur „fasciculatus“ (weniger als 14 Rippen). Jedem Besucher des Apache Trails, der die Zeit dafür aufbringen kann, sei dieser Berg wärmstens empfohlen, idealerweise während der Blütezeit. Je nach Leistungsvermögen sollten schon wegen des Fotografierens unbedingt fünf bis sechs Stunden eingeplant werden6). 3. Picket Post Mountain, Superior/Az (GGB396) Nur ein paar Meilen südwestlich von Superior, in unmittelbarer Nähe des bekannten Boyce Thompson Arboretum State Parks, steht in der Ebene das große und auffallende Bergmassiv des Picket Post Mountain7). Erreichbar ist dieser 1335 m hohe Berg (Bild 3a) vom US Hwy 60 über einen Parkplatz, der einer der vielen Startpunkte für den Arizona Trail ist. Dieser Wanderweg durchquert Arizona von Utah aus bis Nogales an der mexikanischen Grenze. Ohne jegliches Wissen über die Kakteenvorkommen zog uns der Berg alleine durch seine Form und Größe an. Natürlich waren wir auch neugierig auf die Kakteen. Vom Arizona Trail zweigt nach etwa 1 km ein anfangs gut angelegter Pfad nach Osten zum Berg ab. Von der Ebene in 750 m bis auf etwas über 1000 m sieht man entlang des Weges neben wunderbarer Landschaft viele Carnegia gigantea, Ferocactus emoryi, M. grahamii und die herrlich weißgelb bedornten Opuntia bigelowii. Schwieriger sind die gut versteckten M. wrightii zu entdecken. An Echinocereen sieht man in diesem Abschnitt des Trails nur „fasciculatus“ (12 – 14 Rippen). Zu unserer Überraschung und Freude entdeckten wir dann ab gut 1000 m Höhe Pflanzen, die uns mit ihren hier noch überwiegend 15 – 16 Rippen und ihrem Dornenbild sofort an „apachensis“ denken ließen. Natürlich waren wir sehr gespannt auf das, was noch kommen würde. Leider ist der Pfad ab etwa 1000 m nur sehr unzureichend mit kleinen Steinmännchen (Cairns) markiert. Es besteht ständig die Gefahr in einer Sackgasse zu enden, über steiles Geröll einen Anschluss zum Weg suchen zu müssen oder wieder umzukehren, um den richtigen Pfad zu suchen. Dafür führt der Weg aber durch landschaftlich sehr reizvolles Gelände und bietet wunderbare Ausblicke über das bergige Land, über den Gonzales-Pass an der US 60 bis hin zu den in der Ferne liegenden Superstition Mountains. Belohnt wurden wir auf dieser Tour durch überreichlich vorkommende „apachensis“ mit wunderbaren Dornen und vielen Blüten (Bild 3b, 3c). Sie wachsen nicht nur auf dem von der Sonne beschienenen oberen Teil des Westhangs, sondern gedeihen auch prächtig auf der großen, mit Hartgras überzogenen Hochebene des Gipfels. Die Untersuchung einiger dieser Pflanzen ergab einen diploiden Chromosomensatz. Wir sahen dort auch Pflanzen mit weniger als 15 Rippen. Obwohl wir den Picket Post Mountain insgesamt dreimal besuchten, fanden wir an jenen Pflanzen bedauerlicherweise nie Samen für eine Untersuchung. Auf dem Gipfel erwartet den überraschten Bergwanderer neben einem fantastischen Rundblick eine handgeschmiedete metallene Ruhebank. Wie diese dorthin gebracht wurde, ist uns ein Rätsel. Auf dem teilweise sehr schwierigen Weg kann sie unmöglich in einem Stück dorthin getragen worden sein. Das Gipfelbuch befindet sich in einem rot gestrichenen US-Briefkasten mit der Adresse „Picket Post Mountain“. Angespornt durch die überraschenden Funde besuchten wir dann auch die Hügelkette im Westen. Diese führt, nur etwa 3 – 4 km Luftlinie vom Picket Post Mountain entfernt, vom Gonzales-Pass nach Süden. Der Gonzales-Pass gilt als Typstandort des E. boyce-thompsonii. Das Gebiet erreicht man über die etwa 5 km lange North Reymert Road (Forest Road). Sie endet überraschend an den Schranken der Einfahrt zu einer Mine, obwohl sie gemäß Detailkarte bis zur Az 79, südlich von Florence Junction, führen sollte (Bild 4c). Obwohl wir ca. anderthalb Tage die 850–1100 m hohen Berge absuchten, fan-den wir trotz relativ identischer bzw. ähnlicher geologischer, topografischer und botanischer Parallelen keine „apachensis“. Alle vorhandenen Echinocereen hatten eine Rippenzahl von 13–16, Mitteldornen bis 5 cm Länge, diese waren nicht gedreht. Obwohl bei einigen Gruppen eine gewisse Ähnlichkeit mit E. bonkerae nicht zu verleugnen war, vermuten wir, dass hier nur „fasciculatus“ vorkommt (Abb. 4a & b). Samen für eine Ploidie-Untersuchung fanden wir leider nicht. Bei Nachforschungen für diesen Artikel stießen wir u. a. auf Herbarbelege aus dem Desert Botanical Garden in Phoenix. Angelegt wurden sie in den Jahren 2003 und 2004 mit der Bezeichnung E. boycethompsonii. Unserer Überzeugung nach befinden sich auf den Belegen DES 53725 und DES 53726 vom Flatiron aus 1417 m zweifellos „apachensis“. Dagegen sind wir der Ansicht, dass es sich bei den Pflanzen auf DES 62563 vom Fuße des Picket Post Mountains (730 m) um „fasciculatus“ handeln müsste. Diese Herbarbelege beweisen, dass „unsere neuen Standorte“ schon Jahre vor unseren Besuchen bekannt und lediglich für uns Neufunde waren. Sie zeigen aber auch, dass man damals tatsächlich noch der Ansicht war, dass alle hinterlegten Pflanzen E. boycethompsonii, also „fasciculatus“ waren, oder der Name des bereits 1998 neu beschriebenen E. apachensis auch Jahre danach noch nicht überall Eingang in die „englischsprachige“ Kakteen-Fachwelt gefunden hatte, sondern vermutlich erst durch die Umkombination durch A. D. Zimmerman im Jahre 2009 bekannt wurde. Gerhard und Gisela Böhm, Fröbelstraße 2, D-90592 Schwarzenbruck, E-Mail: Echinocereus@böhm-bayern.de