Zufall, Schicksal oder göttliche Fügung? Wenn für den Lebensweg, den das Mannheimer Ehepaar Margaret & Horst Künzler am Ende ihrer ausgedehnten Hochzeitsreise 1963 einschlug, einer der alt- oder neu-mexikanischen Götter mitverantwortlich war, dann haben wir Echinocereenfreunde doppelt Veranlassung, dafür dankbar zu sein. Einmal für die Neu- oder Wiederentdeckung vieler Taxa, die man bis dahin nicht oder nur noch dem Namen nach kannte. Und für das jahrzehntelange Angebot an definiertem Saatgut, das von Belen aus den Weg in die weite Welt, besonders aber auch ins kakteenbegeisterte, geteilte Nachkriegsdeutschland fand. Jedem muss klar sein, dass solch eine Entscheidung nur eine partnerschaftliche gewesen sein kann! So gilt unser heutiger Dank vor allem der Witwe Margaret Künzler. Die Beiträge dieses Heftes legen ein, wenn auch höchst unvollständiges, so doch farbenfrohes Zeugnis vom kakteenbotanischen Lebenswerk ihres Mannes ab. Über 10 % seiner Feldnummern bezeichnen Echinocereen, für die er ein echtes Faible hatte. – Redaktion – Informationen aus der Arbeitsgruppe 32 1984 – Mein Reisebericht: Zu Gast bei Familie Künzler 34 Die Echinocereen von Horst Künzler 43 Echinocereus fobeanus: alles HK303? 121 Liebe Echinocereenfreundin, lieber Echinocereenfreund, Corona legt offensichtlich nicht nur Handel, Verkehr, Sport und Kultur lahm, sondern auch unsere Vereinsmitglieder. Wie kann es sonst sein, dass sich zur Frühjahrstagung bisher nur wenige Interessierte angemeldet haben? Das macht den Wirt, aber auch den Vorstand, nervös! Wer die Einladung nicht mehr auf dem Schirm hat: Sie finden sie auf unserer Homepage und auf Seite 29 von unserem Ecf-Heft 1/2022. Bitte melden Sie sich zeitnah an, wenn Interesse an einer Teilnahme besteht. Alles deutet darauf hin, dass bis Mai Lockerungen bei den Corona-Maßnahmen greifen und wir uns in gewohnt geselliger Runde unserem Hobby widmen können. Leider haben diverse Mitglieder auch in diesem Jahr versäumt, ihren Mitgliedsbeitrag zu entrichten, was zu einem enormen Mehraufwand für unseren Kassierer führt. In Abstimmung mit René Goris wird nur noch ein Mal gemahnt, wer dann noch säumig bleibt, erhält keinen Ecf mehr zugeschickt. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals daran erinnern, unserem Kassierer Adressänderungen wie auch nicht korrekte Anschriften auf den Versandtaschen mitzuteilen, damit unser Heft die Adressaten auch sicher erreicht. Mit der neuen Versandform per Frankierpost scheinen unzustellbare Zeitschriften nicht an die Absenderadresse zurückzukommen. Das stellt uns vor ein Problem, wir wissen nicht, ob das Heft angekommen ist. Wenn also nach dem Upload der Übersetzungshilfen auf unsere Website das entsprechende neue Heft nicht zum Empfänger gelangt, dann senden Sie bitte eine Nachricht an mich. Sie halten mit diesem Ecf wieder ein ganz besonderes Heft in Ihren Händen, nicht nur, was den Umfang anbelangt. In bewährt akribischer Arbeit hat die Redaktion die Echinocereen mit HK-Nummern aufgearbeitet, aus aller Welt Bildmaterial zu einschlägigen Pflanzen zusammengetragen und mit Kommentaren versehen. Vergleichbar mit der Arbeit zu den Lau-Sammelnummern wurden auch hier die ursprünglichen Namensangaben überprüft und, wo nötig, aktualisiert bzw. richtiggestellt. Allen an dieser Arbeit Beteiligten meinen herzlichen Dank. Sollten Sie in Ihrer Sammlung Pflanzen mit HK-Nummern finden, die hier nicht erfasst bzw. nicht abgebildet sind, dann würde sich die Redaktion über entsprechende Informationen und Bilder freuen und diese in einem der folgenden Hefte als Ergänzung publizieren. Dank diverser Spenden kann die Echinocereen- Samen-Versandstelle ein sehr umfangreiches Angebot für Interessierte bereitstellen. Die aktualisierte Samenliste für 2022 und die Bestellkonditionen finden Sie auf unserer Homepage http://www.arbeitsgruppeechinocereus. de/. Mein Dank an Marek Zlatník, der die Aufgabe der Portionierung und des Versandes seit Jahren zuverlässig leistet. Der Winter war mild, die Heizkosten halten sich in Grenzen, das Frühjahr naht und damit auch das Erwachen unserer Echinocereen. Halten Sie den Fotoapparat bereit, um Knospen und Blüten zu fotografieren. Über das eine oder andere gelungene Bild freut sich ganz sicher auch die Ecf-Redaktion. Ihr Peter Hallmann 1984 – Mein Reisebericht: Zu Gast bei Familie Künzler Martin Haberkorn Vor dieser Reise galt mir ausschließlich Mexiko als das Land der Kakteen, speziell der Echinocereen. Wenn ich mit Kakteenfreunden über unser Vorhaben sprach, eine Kakteenreise in die Südstaaten der USA zu machen, hörte ich immer das Gleiche: „Was wollt Ihr denn da, da wächst doch nichts Interessantes.“ Werner Trocha hatte damals schon einige Jahre Kontakt mit Horst Künzler. Er versorgte ihn mit Saat, die er kontrolliert produzierte. Diese Bekanntschaft war die Grundlage unserer Reise. Horst Künzler wiederum hatte großes Interesse am Standort des damals neu entdeckten, noch unbeschriebenen Echinocereus dasyacanthus subsp. rectispinus. Trotz der allgemeinen negativen Einschätzung unseres Vorhabens machten Helmut Matylewicz, Werner Trocha und ich uns am 7. April 1984 auf den Weg in die USA. Der Flug bis Dallas dauerte nur zehn Stunden. Hier mussten wir allerdings drei Stunden wegen eines Wolkenbruches warten und dann dauerte es noch eine Stunde im Flugzeug, bis wir wegen des Flieger-Staus nach Albuquerque starten konnten. Die Anreiseprobleme waren aber sofort vergessen, als wir die überwältigende Landschaft New Mexicos beim Überfliegen bewundern konnten. Noch schöner war die Fahrt nach Belen mit sehr intensiven Farbtönen „in die untergehende Sonne hinein“. Vor Ort wurden wir von Horst Künzler und seiner Frau Margaret sehr herzlich empfangen. Im stilgerechten Lehmziegelhaus im Pueblo-Stil (Abb. 1a), rundherum mit Prachtexemplaren der heimischen Pflanzenwelt bestückt (Abb. 2), fühlte ich mich sofort sehr wohl. Unter anderem stand da auch eine ca. 1 m hohe Yucca. Im Jahr 2007, also 23 Jahre später, bin ich nochmals zum Pueblo (Abb. 1b) der Künzlers gefahren. Ich war total überrascht, die Yucca hatte inzwischen eine Höhe von 5 m erreicht und mehrere Seitentriebe ausgebildet. In ersten ausführlichen Gesprächen mit Horst Künzler staunte ich über seine unvorstellbar vielfältigen Standortkenntnisse. So sahen wir unsere Hoffnung bestätigt, dass wir viele interessante Habitate mit schönen Pflanzen aufsuchen würden. Während des insgesamt ca. fünfwöchigen US-Aufenthalts kehrten wir mehrfach nach Belen zurück, bevor wir von Albu- querque wieder Richtung Deutschland starteten. Diese Touren nach Texas, Arizona, Colorado und durch New Mexico werden als Fortsetzung dieser den Künzlers gewidmeten Dokumentation aufbereitet. Sonntag, 8. April An diesem sonnigen, 20 °C warmen Tag machten wir mit Horst Künzler einen Ausflug in seine „Hausberge“, die Manzano Mountains (Abb. 3). An der Querung der Straßen 6 und 60 fanden wir Echinomastus intertextus subsp. dasyacanthus (Abb. 4), Mammillaria meiacantha und ein wenig weiter auch Echinocereus fendleri. Nach 5 Meilen Richtung Norden in flachem Gelände zwischen Grasbüscheln zeigte uns Horst Toumeya papyracantha und an den Ausläufern der Berge E. viridiflorus mit verschiedenfarbigen Dornen. Die Blüten waren relativ groß und gelbgrün. Wir fuhren dann auf der 60 weiter Richtung Osten in die Manzanos. Auf dem ersten Berg fanden wir in einer Höhe von 1.950 m E. coccineus (Abb. 5) mit kurzen, aber auch relativ langen Dornen. Sie blühten orange bis fast gelblich. Leider habe ich davon kein Bildmaterial. Der letzte Standort an diesem Tag war auch der schönste. Nach einer Stunde Aufstieg auf den nächsten Berg befanden wir uns in 2.050 m Höhe. Unter alten Kiefern standen wunderschöne E. triglochidiatus subsp. triglochidiatus in allen Größen und mit 1 bis zu 4 Dornen je Areole. Pflanzen, die nicht direkt unter den Bäumen wuchsen, waren rot überhaucht. Ein wenig unterhalb fanden wir noch M. heyderi subsp. meiacantha. Die Begleitflora bestand aus Wacholder, Yucca baccatha, Y. glauca und aus Astern mit weißer Blüte (Townsendia incana). In weiter Ferne haben wir zwei Coyoten flitzen sehen. Nach diesen eindrucksvollen Erlebnissen verbrachten wir einen weiteren langen Abend mit Horst. Die interessanten und informativen Gespräche und Fachsimpeleien rissen nicht ab. Mittwoch, 18. April Bei bedecktem Himmel fuhren wir auf der Straße 82 bis zum Hinweisschild „Elk Canyon“. Insider wissen schon, was wir suchten. Vier Meilen nach dem Abzweig und zwar an der Stelle, die dem Bild in der KuaS entsprach (Abb. 6), haben wir nördlich und südlich die Berge abgesucht. Die Pflanzen sollen auch links und rechts der Straße wachsen! Wir fanden E. viridiflorus (Abb. 7), Coryphanten und leider nur zwei von den im Fokus stehenden E. fendleri subsp. kuenzleri. Und es waren auch keine schönen Exemplare. Solche zeigte uns Horst dann in seinem Gewächshaus. Bei ihm standen sechs wunderbare Pflanzen mit extremer Bedornung (Abb. 8) und ich war glücklich, weil ich Samen davon bekam. Auf der anschließenden Fahrt auf der Straße 82 nach Alamogordo durchquerten wir den Lincoln Forest und ein sehr schönes grünes Tal mit einem Bach, Obstbäumen und einer besonderen Rinderrasse. Samstag, 21. April Um 9:30 Uhr fuhren wir bei sehr kühlem Wetter nach Belen zum Hotel Mesa. Am Nachmittag besuchten wir Horst Künzler, informierten ihn über unsere Reiseerlebnisse und tauschten uns über die vorgefundenen Pflanzen und den Zustand der Standorte aus. Viel interessanter aber war die Besichtigung seiner Vermehrungspflanzen (Abb. 9), die mit vielen Informationen aus erster Hand einherging. Interessant war auch das Gewächshaus. Es bestand aus einer Holzkonstruktion mit einer Folienbespannung, wie sie nur bei den dort herrschenden intensiven Lichtverhältnissen möglich ist. Sehr vertrauenerweckend hinsichtlich der Samengewinnung war ein sehr feinmaschiges Netz, das die komplette Anlage inklusive Eingang und Ventilator vor Insekten und sonstigem Getier schützte. Das Osterwochenende verbrachten wir bei und mit der Familie Künzler. Ostersonntag, 22. April Am Vormittag kam das Ehepaar Strienzl, das früher in München lebte und jetzt in Belen zu Hause ist, auf ein nettes Gespräch. Während man in Deutschland Ostereier suchte, machten wir uns am Nachmittag bei sehr warmem Wetter auf die Suche nach Toumeya papyracantha. Von Belen fuhren wir auf dem Highway 25 Richtung Süden bis zum Abzweig der alten Straße nach Las Cruces bis Bernardo. Von hier dann ca. 15–20 Meilen westlich auf einer Kiesstraße zu den Ladron Mountains. Horst, seine Frau Margaret, ihre beiden Kinder Steven und Susan und wir, also sieben Personen, suchten zwei Stunden und wir, besser gesagt die Familie Künzler (Abb. 10), fand ganze vier Papyracantha’! Die Pflanzen sind zwischen dem typischen graugrünen „geringelten“ Gras (Abb. 11) ganz hervorragend getarnt. Des Abends fand noch einmal eine Standortbesprechung für unsere weitere Reiseroute statt. Ich konnte im Pueblo bei angenehm niedriger Temperatur sehr gut schlafen. Freitag, 4. Mai Zurück im Pueblo Künzler haben wir bis Mittag über Standorte und Pflanzen mit viel Anschauungsmaterial diskutiert und unseren Ausflug nach Mexiko vorbereitet. Horst wollte ja unbedingt den Standort des neuen „Rectispinus“ kennenlernen. Seine Frau hat ihm aber zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr erlaubt, alleine ins Gelände zu fahren. Sie sagte: „Sonst kommt er ewig nicht mehr nach Hause.“ Mit der gesamten Familie Künzler machten wir uns also auf den Weg Richtung El Paso. Übernachtet haben wir in Ciudad Juarez im „Las Fuentes“. In Juarez habe ich das beste mexikanische Essen meiner gesamten Reisen genossen. Samstag, 5. Mai Von Juarez starteten wir auf der Mex 45 nach Süden. 20 Meilen vor Villa Ahumada bei einem Ranchgatter, etwa 2–3 Meilen östlich der Straße (Abb. 12), zeigte uns Horst auf einer Bergkette eine schneeweiß bedornte kleine Escobaria spec., eine Gruppe von E. dasyacantha, E. tuberculosa, Echinocereus coccineus subsp. rosei (Abb. 13) und einen großen Ferocactus parryi. Auf der Straße 45 ging es dann weiter bis Villa Ahumada. Werner Trocha bestand dort darauf, dass ich nur mit verbundenen Augen weiter mitfahren durfte. Damit es nicht zum Bruch kam, habe ich unter Zähneknirschen eingewilligt, mir die Fahrgeschwindigkeit und die Zeitdauer gemerkt. Jahre danach haben wir den Standort auf Anhieb wiedergefunden! Im Ort Villa Ahumada, direkt nach ca. fünf aufgebockten Tankfässern, bogen wir westlich in eine Kiesstraße nach El Carizal ab. Von hier fuhren wir 50??– 60 Minuten schnurgerade nach Westen. Dann ging‘s einige Zeit auf zwei Fahrrinnen im Kies nach Norden, jedoch nicht zu einem Dorf (einige Hütten), sondern zu den Bergen. Auf 1.200 m fanden wir (Abb. 14) dann wunderschöne Einzelpflanzen wie auch Gruppen von Echinocereus dasyacanthus subsp. rectispinus (Abb. 15). Horst Künzler war mindestens so begeistert wie ich und hielt die Pflanze für eine neue, eigenständige Spezies. Nach zwei Stunden drängte dann Frau Künzler zur Weiterfahrt. Also machten wir uns auf nach Buenaventura. Wir fuhren die Straßen 45 und 10 bis einige Meilen östlich der Stadt. Am Pass, auf Hügeln zwischen Felsbrocken und blauen Agaven, zeigte uns Horst dann E. fendleri subsp. hempelii auf 1.700 m in Blüte (Abb. 16). Glücklich und zufrieden fuhren wir endlich wieder zurück nach Cd. Juarez ins Motel „Las Fuentes“, wo wir ein weiteres Mal übernachteten. Sonntag, 6. Mai In El Paso, am Grenzübergang in die USA, hat Horst Künzler drei Echinocereen- Pflanzen am Zoll angemeldet. Nach einer zweistündigen Wartezeit, in der die Pflanzen mit Gas gegen Schädlinge behandelt wurden, konnte er mit einer Einfuhrgenehmigung weiterfahren. Wir haben uns dann unterwegs von der Familie Künzler verabschiedet und machten uns auf der Interstate 10 auf den Weg nach Lordsburg, wo wir im Motel „Holiday“ übernachteten. Freitag, 11. Mai Mit der ganzen Familie Künzler waren wir in Albuquerque. Ich habe drei Stunden auf einem sehr großen Indianermarkt die unterschiedlichsten Gegenstände bewundert und einige Souvenirs erstanden. Samstag, 12. Mai Künzlers begleiteten uns zum Flughafen und damit endete eine sehr interessante Reise, die mir unsagbar viele neue Erkenntnisse über Echinocereen, aber auch andere Gattungen vermittelte und unauslöschliche Eindrücke hinterließ. Vor allem die wunderbaren Landschaften z. B. in New Mexico, wo die ursprüngliche Schönheit weitgehend bewahrt wurde und das um ein Drittel größer als Deutschland ist, aber weniger Einwohner als München hat. Fernab von Beton, Lärm, Industriekomplexen und schlechter Luft fühlte ich mich dort erstmals richtig gelöst und frei. Ausdrücklich möchte ich mich bei der Familie Künzler für ihre äußerst freundliche Aufnahme und Gastfreundschaft bedanken. Fortsetzung folgt Die Echinocereen von Horst Künzler Redaktion Die Firma „New Mexico Cactus Research“ (NMCR) in Belen, New Mexico, USA, diente schon einige Jahre dem Vertrieb von Sukkulentensamen, als Horst Künzler 1963 die Partnerschaft durch Denis Cowper angeboten wurde (BERRESFORD 2020: 62). Informationen über diese Zeit ungebremsten Wachstums und Kakteenfiebers sind so rar wie die Bestellkataloge jener Jahre. Horst Künzler (1937– 2019) hat schon frühzeitig begonnen, seine Funde mit Feldnummern zu belegen, aber leider nie eine Feldliste publiziert. So sind die Kataloge der Firma NMCR und öfters auch die anderer Anbieter (z. B. Christa Roberts) unsere Quelle für die hier vorgestellte sicherlich unvollständige Liste von Echinocereen mit HKFeldnummern. Diese Zusammenstellung basiert auf Vorarbeiten, die in der AG Echinocereus in den 1990er-Jahren begannen und sich längst auch in den einschlägigen Online- Datenbanken finden. Hier ist sie aber erweitert, korrigiert und bebildert und stellt nun der durch Künzler verwendeten Nomenklatur die aktuelle gegenüber. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Felddaten die Fundorte nur sehr vage beschreiben und bar jeder zeitlichen Fixierung sind. Dies gilt auch für die wenigen Herbarbelege, die durch Künzler gesammelte bzw. kultivierte Kakteen bewahren. Manch einzelne Nummer wird in jedem Fall älter als ihre erste Nennung in einer der schreibmaschinengetippten und fotokopierten Angebotslisten sein. Diese Listen sind in jedem bekannten Fall datiert, aber nicht jährlich erschienen, und nur selten in gutem Zustand. Ihr Erhaltungszustand spricht aber auch von ihrer Nutzung, von einem damals hohen Gebrauchswert! Denn es gab weit über den Zeitpunkt ihres Erscheinens hinaus keine gute Übersicht über den tatsächlichen Umfang der Gattung, was sowohl das Artenspektrum betrifft, aber auch die Heimat bzw. Verbreitung vieler Taxa. Hier werden nur die eigentlichen HKNummern bearbeitet. Die weiteren NMCR-Katalognummern (in den Katalogen als „NM“ + Nummer etabliert), die Echinocereus betreffend im Umlauf sind, basieren i.d.R. auf durch NMCR zugekauften Sämereien oder Farbauslesen. Solche Samen wurden in teils großem Umfang als Wiederverkäufer gehandelt. Mit Nachdruck darf man an dieser Stelle betonen, dass viele später neu beschriebene Echinocereen (z. B. Echinocereus canus, E. ×gurneyi, E. knippelianus subsp. kruegeri, E. neocapillus, E. pectinatus subsp. wenigeri, E. russanthus) zuerst bzw. schon zuvor als Saatgut aus Belen nach Europa gelangten bzw. gelangt waren. Auch für zahlreiche Arten anderer nordamerikanischer Gattungen, vor allem Mammillaria (s. lat.), Opuntia oder Pediocactus, wurden HK-Nummern vergeben, die wie die hier aufbereiteten Echinocereen durchaus ebenfalls von arealgeografischem Interesse sein sollten. Die intensive Arbeit mit den originalen Angebotslisten zeigt mehrfach, dass bestimmte gut definierte Sämereien zunächst ohne Feldnummer verkauft wurden. Später aber erhielten sie – zum Teil mit großem zeitlichem Abstand oder vielleicht weil sie nachgesammelt worden waren – doch noch eine Feldnummer und erschienen im Angebotskatalog zum Verkauf. Vermutlich wurden verschiedene Fundorte generell in größeren Abständen besammelt oder es dauerte so lange, bis die ursprüngliche Aufsammlung nun in neuer Generation wieder verfügbar wurde? Vielfach bieten auch heute noch spezialisierte Händler Saatgut mit HK-Nummern an (zur Problematik der Provenienz vgl. auch COLE & COLE 2015). Die bisher größte Anzahl Fotos von HK-Echinocereen wurde bei CORBETT (1998) publiziert; dies betrifft die Nummern HK370, 376, 379, 1014, 1064, 1127, 1221, 1266, 1285, 1287, 1289, 1388, 1416, 1420, 1448, 1489, 1501, 1502, 1527, 1531, 1586, 1621, 1636, 1840, 1843 und 1844. Vielfach fehlen jedoch Fotos, um die hier fixierte Bestimmung einiger Taxa zu überprüfen. Da aber die Daten vor allem den einschlägigen Samenlisten entnommen sind, ist es möglich, dass in der einen oder anderen Sammlung noch das durch die Nummer definierte Pflanzenmaterial auftaucht. Zu wenigen Feldnummern fehlen die Hintergrundinformationen komplett, z. B. für HK2000. Da Sämlinge aber im Umlauf sind, werden diese Nummern in der Hoffnung auf zukünftige Klärung nicht aus der Auflistung entfernt In wenigen Fällen wurden Fotos eingeliefert, deren beigefügte HK-Nummer offensichtlich nicht passen konnte; mehrfach könnte ein simpler Zahlendreher dafür ursächlich sein. Als Einziges findet sich eine Doppelbelegung für die Feldnummer HK1256, und zwar innerhalb weniger Zeilen im selben Katalog (NMCR, 1983); sie kann ohne mehr Hintergrundinformation nicht aufgelöst werden. Sollten Leser weitere Echinocereen mit HK-Nummer kennen, pflegen oder auch nur Fotos davon besitzen, wird deshalb darum gebeten, eine Information an die Redaktion des Echinocereenfreundes zu senden. Das gilt auch für alle nicht im Quellenverzeichnis gelisteten NMCR-Kataloge und Großhandelslisten. Schlussendlich soll noch darauf hingewiesen werden, dass wir auf einigen der eingereichten Fotodokumente Sämlinge mit ganz offensichtlich hybridem Charakter identifizieren konnten. Sie wurden ausgemustert. Insofern wird die hier zur Verfügung gestellte Fotodokumentation hoffentlich vielen Freunden der Gattung Echinocereus nützlich sein, rezentes oder zukünftiges Pflanzenmaterial auf seine Authentizität zu prüfen. Danksagung Das Redaktionsteam bedankt sich bei allen Personen, die durch Diskussion, Fotoaufnahmen, Pflanzenspenden, Recherche oder sonstige Unterstützung bei der Vorbereitung dieser Publikation geholfen haben, insbesondere Patrick Alexander, Peter Berresford, Wolfgang Blum, Urs Bühler, Graham Charles, Lino Di Martino, Dr. Gerhard R.W. Frank (†), Hans Frohning, Mieke Geuens & René Goris, Hans Graf, Martin Haberkorn, Honza Hadrava, Gerhard Haslinger, Josef Indrist, Edith Koch, Dr. Jürgen Menzel (†), Roy Mottram, Kay & Traute Oldach, David Parker (†), Udo Raudonat (†), Jürgen Rothe, Henk P. Ruinaard, Egon Scherer, Günter Steinert, Fa. Uhlig und Gottfried Unger. Liste 1: Echinocereen-Taxa nebst HK-Nummern, alphabetisch geordnet Liste 2a: HK-Echinocereen, mexikanische Vorkommen geordnet nach Bundesstaaten Liste 2b: HK-Echinocereen, USA-Vorkommen geordnet nach Bundesstaaten Liste 3: Echinocereen-Taxa – numerische, kommentierte Liste Arrangement: HK-Nr. aktueller Name [wenn abweichend, Bezeichnung im NMCR-Katalog] Fundort, ggf. Kommentare/Bilder HK267 E. fendleri subsp. kuenzleri [kuenzleri] USA, NM, Chaves / Otero Co., Sacramento Mts., EIk Canyon (repräsentiert vermutlich die Population vom Typfundort) E. fendleri subsp. kuenzleri (Castetter, P. Pierce & K.H. Schwer.) W. Blum & D. Felix in Echinocereus Online-J. 2(2): 105. (2014) = E. kuenzleri Castetter, P. Pierce & K.H. Schwer. in Cact. Succ. J. (Los Angeles) 48: 77. (1976) HK379 E. kroenleinii [Wilcoxia kroenleiniana] MX, south Coahuila Typaufsammlung! E. kroenleinii (A. Cartier ex Mich. Lange) W. Blum & Waldeis in Echinocereenfreund 12 (S): 102. (1999) = E. poselgeri subsp. kroenleinii A. Cartier ex Mich. Lange in Kakt. And. Sukk. 46: 138. (1995) = Wilcoxia kroenleinii A. Cartier in Succulentes (2): 2. (1980), nom. inval. CARTIER (1982: 68 Fig. 28) zeigt Horst Künzler mit einer ausgetopften kultivierten Pflanze vor einem neutralen Hintergrund. Dieses Bild wurde zuvor schon in CARTIER (1980: 3) publiziert. Das Titelbild von Succulentes (KÜNZLER 1980) zeigt wohl denselben Klon in Blüte. HK1008 E. arizonicus subsp. oldachiorum [polyacanthus v. octacanthus] USA, NM, Sierra Co., San Mateo E. arizonicus subsp. oldachiorum W. Blum & P. B. Breslin in Echinocereenfreund 31 (S): 371. (2018) NMCR bietet schon im Pflanzenkatalog von 1968 einen 5 Zoll Steckling vom E. coccineus var. aus den San Mateo Mts. für $ 0,75 an! Sämlinge von HK1008 wurden zum Auslöser, die spätere Typpopulation zu erforschen und damit das Verbreitungsgebiet des E. arizonicus in den USA bedeutend nach Osten zu erweitern. HK1054 E. arizonicus subsp. nigrihorridispinus [polyacanthus v. nigrihorridispinus] USA, NM, Luna Co. Typaufsammlung! E. arizonicus subsp. nigrihorridispinus W. Blum & Rutow in Echinocereus Monogr. [W. Blum et al.] [3]. 1998 [3 Apr 1998]; preprint [siehe auch Ecf 28(3): 94–95 (2015)] Der für dieses Taxon verwendete Name wurde zuerst in den Katalogen von NMCR etabliert! HK1256.2 E. chloranthus USA, Texas, Terrell Co., Sanderson (schon in der Liste von 1975 wird Saatgut mit dieser Habitatumschreibung angeboten; es wäre wohl der östlichste bekannte echte chloranthus in Texas und ist deshalb von arealgeografischem Interesse) Echinocereus fobeanus: alles HK303? Michael Lange Es ist die Genauigkeit der Höhenangabe, die mir großen Respekt zu den Bemerkungen von Nigel TAYLOR (1985: 125-127) über Echinocereus (chisosensis var.) fobeanus abverlangt. Denn die Standortinformationen zu diesem Taxon gleichen einem Puzzlespiel! Erst in den 1980er-Jahren klären sie sich. Laut Erstbeschreibung (OEHME 1940) sollte er ja eigentlich in Arizona beheimatet sein, der E. fobeanus. Und obwohl die Kakteenflora von Arizona noch immer für eine Überraschung gut ist, basiert diese Angabe sicher auf der Tatsache, dass der ursprüngliche Schweizer Importeur Gasser in Arizona (s)einen Stützpunkt hatte! Die 1960er-Jahre sind unstrittig das Jahrzehnt von Horst Künzler. Hier gelingen ihm bezüglich Echinocereus die meisten seiner Neu- bzw. Wiederentdeckungen in den (semi)ariden Zonen Nordamerikas. Auch wenn man unterstellt, dass er zuvor die Kakteenliteratur intensiv studierte und so auch besonders Erfolg versprechende Ziele für seine Expeditionen festlegte, ist die Wiederentdeckung des E. fobeanus sicher nicht die geringste seiner Leistungen! Mit HK303, der zuerst als Echinocereus spec. SW Coahuila durch New Mexico Cactus Research in den Handel gebracht wurde (z. B. NMCR 1970: 5 Katalog- Nr. 434), konnte letztlich auch unsere Kenntnislücke zur konkreten Herkunft des E. fobeanus geschlossen werden. GERMER (1982) publiziert zumindest in der deutschsprachigen Kakteenliteratur als Erster die konkrete Identifikation HK303 = E. fobeanus. Kurz zuvor hatte HAAGE (1981) bereits Nordmexiko als Heimatangabe für E. fobeanus benannt. Doch zurück zum bahnbrechenden Werk von Nigel TAYLOR: Darin werden die in der Kultur verbreiteten fobeanus-Formen aufgeführt. Eben HK303 und eine Form „Sp. De Coahuila“, außerdem die recht konkreten Standortangaben San Pedro de las Colonias (Coahuila) und Gomez Palacio (Durango). Der „Spec. De Coahuila“ leitet sich mit Gewissheit von der identischen Katalogbezeichnung bei DEHERDT (1970) ab. Hier wird nicht nur der Samen angeboten, sondern auch ein kleines, aber eindeutiges Blütenbild gezeigt. Aufgrund der zeitgleichen Samenangebote bei DeHerdt und NMCR (H. Künzler) sowie dem eindeutigen Kontext durch viele Parallelen im weiteren Angebot wird hier geschlussfolgert, dass auch die durch DeHerdt vertriebenen Samen letztlich auf dem in Belen/New Mexico kultivierten Pflanzenmaterial beruhen. Es wurde über Jahrzehnte mit oder ohne die Feldnummer HK303 vertrieben. Woher TAYLOR die Daten für seine Referenzen bezogen hat, ist nur bezüglich San Pedro (FLORES 1944) schlüssig nachvollziehbar. Sogar die Höhenangabe 1.100 m NN, die Flores zusammen mit einer Kurzbeschreibung der charakteristischen Wurzeln und einem SW-Foto liefert, passt ausgezeichnet! Und passt noch heute für den Standort bei San Pedro, der spätestens seit den 1990er-Jahren hin und wieder auch von einigen deutschen Kakteenfreunden besucht wurde. Leider wird dieser Lokalität eine unerfreuliche Nutzung zuteil: die einer Müllkippe des nahe gelegenen Ortes! Bei einem der letzten dem Autor bekannten Besuche durch Kakteenfreunde im Jahre 2015 war der urbane Müll aber immer noch ca. 150 m von den ersten Pflanzenfunden entfernt. Wie mag es wohl heute um diese interessante Population bestellt sein? Vom ursprünglichen Pflanzenmaterial der Erstbeschreibung hat sicher nichts die Kriegswirren der 1940er-Jahre überstanden. Friedrich Fobe verstarb 1941, Hanns Oehme 1944; die erste Wiederentdeckung durch FLORES (1944) ist selbst für uns nur eine Fußnote! So bleibt bislang nur die Hoffnung, dass es in der Heimatregion weitere Vorkommen geben mag, denen ein zukunftsträchtiges Schicksal beschieden ist. Die zweite Angabe bei TAYLOR weist jedenfalls darauf hin, dass sich vielleicht auch in der nahen nordöstlichen Ecke von Durango noch Vorkommen finden lassen. Eine Referenz für dieses Durango-Vorkommen liegt derzeit jedoch nicht vor. Deshalb gilt weiterhin: fobeanus, JA – alles HK! ©AG Echinocereus: Der Echinocereenfreund 35 (2) 2022 Übersetzungshilfe