INHALT Informationen aus der Arbeitsgruppe 156 Echinocereus xlloydii aff. bei Marathon 157 Kakteensuche in den USA 167 1984 – Mein Reisebericht: Im Wilden Westen der USA! 172 IN MEMORIAM Klaus Breckwoldt 179 In Kultur beobachtet 180 Die Blütenpracht unserer Echinocereen begleitet uns vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst. Besonders auffällig aufgrund ihrer schönen Bedornung und ihrer speziellen Blüten sind die Arten von Baja California. Den Blütenreigen schließt in meiner Sammlung alljährlich Echinocereus maritimus. Doch es gibt kleine Details, die auch alte Hasen noch überraschen können! Hans-Jürgen Neß Titelbild: Echinocereus maritimus subsp. hancockii, eine ca. 35-jährige Sämlingspflanze mit rötlich angehauchten Narben. Foto: Hans-Jürgen Neß Liebe Echinocereenfreundin, lieber Echinocereenfreund, wie bereits im Vorwort von Heft 3/2022 des Ecf angekündigt, hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 35. Herbsttagung mit Jahreshauptversammlung der AgE in Aufenau wichtige Entscheidungen zu treffen: Nach den Berichten von Vorstand, Kassierer und Kassenprüfern wurde der bisherige Vorstand einstimmig entlastet. Die nachfolgende Wahl blieb jedoch ohne Ergebnis. Das bedeutet entsprechend unserer Satzung, dass der bisherige Vorstand bis zur nächsten Tagung im Frühjahr 2023 als kommissarischer Vorstand weiter amtiert (vgl. § 6 (2) der Satzung der AgE; zu finden auf unserer Webseite). Darüber hinaus war auch über den Beschlussantrag von Ulrich Dosedal abzustimmen, den Mitgliedsbeitrag auf 40,00 € pro Jahr festzusetzen. Die Mehrheit der Anwesenden stimmte diesem Antrag zu. Bitte beachten Sie dies bei der Beitragszahlung für das kommende Jahr! Ebenfalls erhöht wurden per Beschluss der MV die Kosten für den Bezug von Echinocereen-Samen. So werden für Mitglieder künftig 1,00 €, für Nichtmitglieder 1,30 € pro Portion und für die Verpackungskosten 1,00 € fällig. Diese Teuerungen scheinen sehr hoch zu sein, bedenken Sie jedoch bitte, dass die AgE seit vielen Jahren – entgegen dem allgemeinen Trend – die finanziellen Belastungen der Mitglieder konstant und auf niedrigem Niveau belassen hat. Allgemeine Kostensteigerungen z. B. beim Druck und Versand lassen ein „Weiter so“ nach Aus- sage unseres Kassierers jedoch nicht zu. Zur Tagung konnte die neueste Sonderpublikation der AgE (vgl. Werbung in diesem Heft) erworben werden. Das Vortragsprogramm war vielfältig und interessant, mein Dank dafür an alle Referenten wie auch an Herrn Grasmück, der seine Sammlung für Besucher öffnete, an Herrn Chupik, der vor Ort für einen reibungslosen Ablauf der Tagung sorgte, und an das freundliche Personal des Gasthofes, das sich um unser Wohlbefinden kümmerte. Die 36. Frühjahrstagung wird für Hasselt in Belgien vorbereitet, die 36. Herbsttagung für den 27. bis 29. Oktober 2023 am Seddiner See bei Berlin. Weitere Informationen dazu erscheinen rechtzeitig im Ecf und auf unserer Webseite. Ihr Peter Hallmann Echinocereus xlloydii aff. bei Marathon Henk Ruinaard Wenn ein Paar ein Kind bekommt, stellt sich oft die Frage: Wem ähnelt es, Mutter oder Vater? Die gleiche Frage kann man auch bei Echinocereen stellen. Im Fall von Hybriden zwischen E. coccineus und E. dasyacanthus spricht man von E. ×lloydii. Diese Hybriden sind sehr variabel in Rippenzahl, Anzahl und Länge der Dornen und in der Blütenfarbe. Die dasyacanthus- affinen Hybriden haben eine geschlossene Bedornung, während die coccineus-affinen Hybriden eine mehr offene Bedornung zeigen. In der Literatur wird E. ×lloydii erklärt als Hybride von E. coccineus subsp. aggregatus (heute subsp. transpecosensis) und E. dasyacanthus (BLUM et al., 1998) oder als Hybride von E. coccineus subsp. paucispinus und E. dasyacanthus (F ELIX & B AUER , 2014). 2011 entdeckte ich an der Südseite von Marathon einen „E. ×lloydii“, der mit seinen wahrscheinlichen Eltern buchstäblich „Schulter an Schulter“ stand. Am 12. April 2011 besuchte ich zum ersten Mal ein kleines Gelände am südlichen Ortsrand von Marathon und fand dort eine große Echinocereengruppe in voller Blüte. Sehr schöne große orange Blüten mit doppelt stehenden Petalenreihen. Aufgrund der Bedornung und Blütenfarbe stufte ich diese Gruppe als E. ×lloydii ein. Leider habe ich beim Transport von der Kamera zum Laptop diese Bilder verloren Am 12. März 2013 war ich wieder vor Ort, aber leider blühte die große E. ×lloydii-Gruppe noch nicht (Abb. 1). Bei der weiteren Erforschung des Geländes fand ich drei optisch verschiedene Echinocereen „Schulter an Schulter“ (Abb. 2). Diese ‚Familie‘ besteht offensichtlich aus einer Hybride, einem Mitglied der coccineus-Gruppe und einem Dasyacanthus. Weiter im Gelände fand ich noch drei weitere Pflanzen im hybriden Habitus, zwei weitere „coccineus-Pflanzen“ und zwei andere dasyacanthus-Pflanzen. Die meisten dieser Echinocereen sahen noch relativ jung aus und waren schwer zu finden zwischen den vielen Opuntien und vertrocknetem Gras. Am 13. April 2016 hatte ich das Glück einen Teil der Familie blühen zu sehen (Abb. 3). Wenn man diese Familie zusammen sieht, kann es keinen Zweifel geben, wer die Mutter, der Vater und das Kind ist! Die Hybride ist eine Mischung der Eigenschaften der beiden vermutlichen Eltern, aber die Bedornung und die Rippenzahl ähnelt am meisten E. dasyacanthus. Der Vater ist sicherlich das Mitglied der coccineus-Gruppe. Die Blütenfarbe der Hybride ist ein Gemisch von gelb und rot. Die Blütezeit ist früher als die der Mutter, aber später als die des Vaters. Auf Bild 4 hat der Vater seine Blühphase bereits beendet, das Kind blüht, aber die Mutter (Abb. 5) und auch andere dasyacanthus-Pflanzen im Umfeld (Abb. 6) zeigen alle noch Knospen. Auf den ersten Blick ähnelt der Vater am meisten E. coccineus subsp. transpecosensis. Die große Frage für mich war: „Was ist der Vater“: E. coccineus subsp. transpecosensis oder vielleicht doch E. gurneyi? Um diese Frage zu beantworten, habe ich auf diesem Gelände und an Standorten in der Umgebung von Marathon nach Mitgliedern der coccineus-Gruppe gesucht. In direkter und weiterer Umgebung von Marathon kenne ich einige Standorte von E. gurneyi, nämlich: – Peña Colorado Recreation Area, 8 km südlich von Marathon (Typfundort, Abb. 7, 8 und 9) – Marathon, Straße in der Stadtmitte (an- gepflanzt?) – Picknick Area am Hwy 385, 16 km südlich von Marathon (Los Caballos Pick- nick Area, Abb. 10) – Parkplatz am Border-Patrol-Kontrollpunkt am Hwy 385 (4 km südlich von Marathon) – Hügel am Hwy 90 East, 30 km östlich von Marathon (House Top Mountain) – Hwy 90, 15 km westlich von Marathon. Im Datenfundus von iNaturalist (www.inaturalist.org) finden sich derzeit 17 Beobachtungen auf 14 Standorten von E. gurneyi. Diese entsprechen weitgehend den mir bekannten Standorten. Das Verbreitungsgebiet von E. gurneyi beschränkte sich bisher mit einem Umkreis von etwa 30 km um Marathon auf das Brewster County. Doch im April 2022 wurde ein weiteres Vorkommen durch Oscar John- son (aka Henicorhina) im Presidio County im Chinati Mountains SNA beschrieben. E. gurneyi ist als Mitglied der coccineus- Gruppe verwandt mit E. coccineus subsp. paucispinus und E. coccineus subsp. transpecosensis. FELIX & BAUER (2014) stufen dieses Taxon als weitere Unterart E. coccineus subsp. gurneyi ein. E. coccineus subsp. paucispinus hat zu wenige Rippen und zu wenige und zu lange Dornen, um als Vater von „meinem“ E. ×lloydii aff. gelten zu können (Ta- belle 1). Außerdem fängt das Verbreitungsgebiet von E. coccineus subsp. paucispinus erst östlich von Sanderson an (Langtry und weiter östlich Richtung Del Rio), auch daher kann Paucispinus als der Vater von E. ×lloydii aff. bei Marathon ausgeschlossen werden Im Datenpool von iNaturalist kommt E. coccineus subsp. transpecosensis (1443 Beobachtungen) nicht in direkter Umgebung von Marathon vor. Südlich von Marathon findet man E. coccineus subsp. transpecosensis nicht vor den Chisos Mountains. Westlich von Marathon findet man Transpecosensis erst in den Elephant Mountains, bei Alpine und bei Fort Davis (Davis Mountains State Park). Nördlich ist die erste ‚Observation‘ ca. 12 km von Marathon entfernt am Highway 385. Daraus schließe ich, dass E. coccineus subsp. transpecosensis in Marathon selbst und in einem Umkreis von ca. 12 km um Marathon nicht vorkommt. Das macht es sehr unwahrscheinlich, dass E. coccineus subsp. transpecosensis der Vater von E ×lloydii aff. bei Marathon ist. Tabelle 1: Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der Taxa E. dasyacanthus hat die meisten Rippen und Dornen dieser Taxa, aber diese Zahlen können je nach Standort stark variieren. E. coccineus subsp. paucispinus hat die wenigsten Rippen und Dornen. Die Anzahl der Rippen und Dornen von E. ×lloydii aff., E. gurneyi bzw. E. coccineus subsp. transpecosensis vom Gelände an der Südseite von Marathon liegt dazwischen. Die Literaturdaten von E. dasyacanthus, E. gurneyi und E. coccineus subsp. transpecosensis sind gültig für das gesamte Verbreitungsgebiet dieser Taxa und weichen daher von den Angaben für das Habitat bei Marathon ab. Tabelle 2: Im Gelände an der Südseite von Marathon erhobene Daten E. dasyacanthus hat auch an diesem Standort die meisten Rippen und Dornen, aber weniger als im Mittelwert des gesamten Verbreitungsgebietes. Der mutmaßliche Vater hat die wenigsten Rippen und Dornen, aber auch etwas längere Mittel- und Randdornen. Diese Daten zeigen wesentliche Unter- schiede in Rippenzahl und Bedornung zwischen den verschiedenen transpecos- Tabelle 3: Vergleich morphologischer Daten für verschiedene Standorte von E. coccineus subsp. transpecosensis ensis-Habitaten. Die Population am Typstandort hat im Durchschnitt die meisten und längsten Dornen. Die Zahl der Rippen und Dornen der Populationen östlich von Cloudcroft und bei Fort Lancaster ist am niedrigsten und nähert sich damit der von E. coccineus subsp. paucispinus. E. coccineus subsp. transpecosensis hat im Durchschnitt weniger Rippen und weniger, aber längere Dornen als E. gurneyi. Die Bilder 11, 12 und 13 zeigen Beispiele von der Bedornung an Standorten nördlich von Sierra Blanca, im Guadalupe Mountains State Park und am Highway 82 östlich von Cloudcroft. Tabelle 4: Vergleich morphologischer Daten für E. gurneyi an verschiedenen Standorten mit dem Datensatz „Südseite von Marathon“ Die morphologischen Daten des „Coccineus-Vertreters“ an der Südseite von Ma- rathon weichen nur wenig ab von denen des E. gurneyi verschiedener Standorte. Nach Vergleichen der Rippen, Randdornen und Mitteldornen und Messung der Länge der Dornen habe ich festgestellt, dass E. coccineus subsp. transpecosensis an diesem Standort bei Marathon und in der Gegend dieses Standortes nicht vorkommt. Alle äußeren Merkmale des Vaters entsprechen denen von Echinocereus gurneyi. Schlussfolgerung Ich komme zu der Schlussfolgerung dass E. gurneyi der Vater „meines“ E. ×lloydii aff. in Marathon ist. Aber wenn E. gurneyi der Vater ist, kann das Kind nicht E. ×lloydii genannt werden, sondern ist ein verwandter Hybride, der als E. ×lloydii aff. (affinis = verwandt) bezeichnet werden soll. Diese Feststellung macht ihn im Prinzip zu einer neuen Naturhybride: Echinocereus dasyacanthus subsp. dasyacanthus × gurneyi. Wegen des sehr beschränkten Verbreitungsgebietes sollte man auf eine formelle Neubeschreibung verzichten und nur die Hybridformel für eine Charakterisierung nutzen. Danksagung Traute Oldach, Wolfgang Blum und Gerhard Böhm für ihre Hilfe. Kakteensuche in den USA Wolfgang Reichelt Im Frühjahr 2015 plante ich eine Reise, die auch durch Arizonas Nordwesten führen würde. In dieser Gegend sollte Echinomastus johnsonii vorkommen. Im Internet gelang es mir, Koordinaten eines Standortes zu ermitteln. Es stellte sich noch die Frage, wann die Art in der Natur blüht. Diesbezüglich sind kaum Angaben zu finden. Kurzentschlossen schrieb ich an Jürgen Menzel, der damals in Kaliforniens Süden wohnte. Er antwortete mir schnell, wobei die Antwort bezüglich Blütezeit nicht ermutigend war. Er teilte mir mit, ich müsse bereits im März kommen, statt am geplanten 10. April. Da ging leider nichts mehr, denn die Flugtickets waren bereits gekauft und der Flugtermin am 9. April nach Las Vegas ließ sich nicht mehr ändern. Der zweite Teil der Nachricht baute mich aber wieder auf, denn ich bekam noch zwei konkrete Hinweise zu Standorten. Nach unserer Ankunft in Las Vegas und der durch den Jetlag bedingten kurzen Nacht stärkten wir uns mit dem Hotelfrühstück und fuhren in Richtung King- man los. Nach Erreichen des Suchgebietes wurde meine Aufmerksamkeit zunehmend von der Landschaft in Anspruch genommen. Es dauerte nicht lange, bis im Gelände rote Blüten sichtbar wurden. Das müssen blühende Echinomastus johnsonii sein, schoss es mir durch den Kopf. Einen Augenblick später stand ich neben den Kakteen (Abb. 1) und stellte sofort fest, dass es Echinocereus engelmannii sind. Es ging jetzt weiter zum oben erwähnten Echinomastus-Standort und auch dort begrüßte mich Echinocereus engelmannii (Abb. 2). Ich überlegte, wie der im Internet gefundenen Standort am günstigsten zu erreichen wäre und lief dabei etwas im Gelände umher. Plötzlich tauchten die ersten beiden Echinomastus johnsonii auf (Abb. 3) und es standen noch mehr in Straßennähe. Den aufwendigen Weg zum im Internet gefundenen Standort sparte ich mir daraufhin. Auf dem Rückweg wollte ich dann dem Hinweis von Jürgen Menzel folgen. Auch hier konnte man sich auf die leuchtenden Blüten verlassen. Echinomastus standen in großer Zahl im Gelände (Abb.4) und auch viele Echinocereus engelmannii (Abb. 5) erfreuten mich. Wir erreichten den letzten und markantesten Standort des Tages. Hier wächst der gelb blühende Echinomastus johnsonii var. lutescens. Zahlreiche Pflanzen standen mit geöffneten Blüten im Gelände (Abb. 6). Nach kurzer Suche fand ich auch Echinocereus engelmannii (Abb. 7), der hier nicht so zahlreich vorkommt. Ende März 2018 hielten wir uns wieder in dieser Gegend auf und konnten einige neue Standorte des Echinomastus johnsonii finden. Allerdings waren an allen besuchten Fundorten nur Knospen sichtbar und keine offenen Blüten. Ich bin rückblickend sehr froh, im April 2015 die mir damals unbekannten Standorte besucht zu haben. 1984 – Mein Reisebericht: Im Wilden Westen der USA! Schluss Martin Haberkorn Montag, 23. April – Auf nach Arizona Wir machten uns wieder auf die Reise und zwar auf die Suche nach Navajoa peeblesiana. von Belen über Gallup bis Chambers, von hier nach Norden in ein hügeliges Gelände. Peeblesiana haben wir auch nach zwei Stunden intensivster Suche nicht gefunden. Aber einen einzelnen, sehr großen Sclerocactus. Dienstag, 24. April Diesen Tag kann man als Fahrtag bezeichnen: von Holbrook nach Joseph City. Einige Meilen nördlich sollte Navajoa peeblesiana wachsen. Leider wurde sie wieder nicht gefunden. Enttäuscht fuhren wir nach Flagstaff und weiter bis zum Marble Canyon (Abb. 28 a) und dann acht Meilen zurück bis zu einem kleinen Canyon. Hier wuchsen unzählige E. engelmannii vom Flussbett bis oben an den Rand (Abb. 28 b und c). Die Bedornung wechselte von kurz bis sehr lang (10 cm) und von bräunlich bis tiefschwarz. Bei angenehmen frühlingshaften Temperaturen machten wir einen dreistündigen „Spaziergang“ im Canyon, ohne den gesuchten Pediocactus bradyi zu finden, dafür gab es sehr schöne Gruppen von Echinocactus spec. Mittwoch, 25. April – „Hoch hinaus” Unsere Fahrt führte uns auf der Straße 89 (alt) über House Rock und dann auf Serpentinen an Jacob Lake vorbei auf das Kaibab Plateau in 2.000 m Höhe. Von der Aussichtsplattform ca. zwei Meilen weiter, zwischen Felsen und Kiefern und einem kleinen Bach wuchsen schöne Gruppen E. triglochidiatus subsp. mojavensis. Wir waren sehr erstaunt, dass die Kakteen und Wildblumen teilweise mit Schnee bedeckt waren. Auch Coryphanta vivipara fanden wir hier. Plötzlich schwirrte etwas in einem großen Busch. Wir hatten überraschenden Besuch von einem neugierigen Kolibri bekommen. Es war sehr erbauend diesen kleinen grünen Kolibri mit blau schimmernder Brust zu beobachten. Leider dauerte das Vergnügen nur ein paar Minuten, dann hatte der Vogel seine Neugier befriedigt und verschwand im Gebüsch. Guter Laune ging es weiter bis Fredonia und dann nach Westen zum Infocenter des „Pipe Spring National Monument“. Ca. eine Meile weiter, auf Höhe der „weißen Hügel“, in weißem, lockerem Sand (vermutlich Gips) fanden wir tatsächlich Utahia silerii (Abb. 29). Zurück über Fredonia sind wir bis Cedar City gefahren, wo wir übernachteten. Auf 3.000 m Höhe war tiefer Winter und die Temperatur fiel auf minus 4 °C Donnerstag, 26. April – Im Vierländereck Nachdem wir unser Auto vom Eis befreit hatten, krochen wir auf den vereisten Straßen bis nach Delta. An der Str. 50/6 fanden wir Sclerocactus spinosior. Hier war der Himmel stark bewölkt, aber es war nicht mehr so kalt. Freitag, 27. April Fahrt von Delta bis Salina über Sigurd und bis Torrey. Dort bogen wir in eine rote Sandstraße ab. Auf kleineren Hügeln fanden wir Sclerocactus whipplei subsp. parviflorus und Coryphanta vivipara auf 2.125 m. Die Gegend beeindruckte mit im posanten Felsformationen bei Hanksville. Weiterfahrt bis Grand Junction, hier übernachteten wir bei leichtem Schneefall. Samstag, 28. April Nachdem wir den Schnee vom Auto geräumt hatten, fuhren wir von Grand Junction bis nach De Beque/Colorado. Von dort in nördlicher Richtung zum „Roan Creek Round Up“. Entlang der Straße und des Flusses fanden wir Sclerocactus glaucus in nassem Lehm auf 1.625 m. Die Population war durch Baumaßnahmen nahezu vernichtet. Zurück zur Straße 141, zehn Meilen südwestlich von Whitewater haben wir auf 1.850 m Pediocactus simpsonii gefunden und waren von den vielen verschiedenen Blumen ganz angetan. Dann ging es weiter nach Uravan. Auf Hügeln in nasser, roter, sandig-lehmiger Erde fanden wir Sclerocactus whipplei (1.600 m). Bei Schneetreiben fuhren wir zur Übernachtung nach Moab/Utah. Sonntag, 29. April Ziel für diesen Tag war es den echten nahezu dornenlosen „Inermis“ zu finden. Von einem relativ warmen Moab aus fanden wir bis zum Abzweig Castleton auf roten Sandsteinhügeln an mehreren Stellen Sclerocactus whipplei. Nicht weit da- von, unter Kiefern, zum Teil im Schnee entdeckten wir Pedicactus simpsonii und wieder Sclerocactus whipplei (2.100 m). Mein Hauptinteresse galt dem begehrten, nahezu dornenlosen Inermis – also weiter. Nach dem Pass oberhalb der Straße, in den offenen Flächen zwischen Kiefern standen dann große Gruppen der seltenen Pflanze (Abb. 30). Es gab scheinbar vollkommen dornenlose Formen, aber auch welche mit 1-3 mm langen Dornen. Wir sahen auch Sclerocactus whipplei und eine schöne Yucca. Montag, 30. April Bei Sonnenschein fuhren wir von Moab nach Shiprock. Nahe einer Straße fanden wir auf niedrigen Hügeln Coloradoa mesae-verde in ockerfarbenem, vermutlich gipshaltigem Lehm. Den Spuren im Sand nach benutzte man vermutlich diese Lehmhügel als Piste für Motorradrennen. Das ist natürlich sehr schade. Ein paar Pflanzen waren noch zu sehen. Dienstag, 1. Mai Es war windig und stark bewölkt, als wir uns auf den Weg über Aztec nach Durango machten. Ca. drei Meilen nördlich von der Bundesgrenze „begrüßten“ uns in Colorado Echinocereus coccineus und Coryphanta vivipara in 2.000 m Höhe. Es war kalt und windig, deshalb fuhren wir bald weiter bis zum Navajo-Staudamm. Am Nord-West-Parkplatz, ca. 150 m westlich des Überlaufs am Berghang wuchsen E. fendleri, E. viridiflorus und Sclerocactus whipplei mit violett-rosa Blüte in einer Höhe von 1.875 m (Abb. 31 a und b). Es war bewölkt und es blies ein kalter Wind. Wir verweilten deshalb nur kurz. Mittwoch, 2. Mai – Zurück in New Mexico Klimatisch unterscheidet man in New Mexico zwei landschaftliche Typen. Ein- mal die Halbwüsten des Hochlandes mit bis ca. 1.600 m, einem tagsüber sonnigen, heißen Sommerwetter von 26 °C bis 38 °C, bei kühlen Nächten und milden Wintertagen. Und die Bergwelt im Norden, mit (viel) Schnee inkl. Frosteinbrüchen. 178 © Der Echinocereenfreund 35 (4) 2022178 Auf der Straße nach Taos mussten wir den 3.150-m-Pass über die San Juan Mountains überqueren. Das war nicht ganz ungefährlich, da wir immer wieder Schneewehen ausweichen mussten. Wir waren froh, als wir Taos unbeschadet erreicht hatten. Von hier fuhren wir direkt bis zum Ortsrand von Pilar, wo wir an der Nordseite eines Berghanges E. coccineus, fendleri und viridiflorus sahen. Das Überraschende war, dass die Pflanzen alle sehr klein waren. Ich schätzte sie auf ein Drittel der normalen Größe. Donnerstag, 3. Mai Von Taos nach Espanola, dann bis kurz vor Jemez Pueblo: Auf einer Art Hochplateau fanden wir in 1.750 m tatsächlich einen Standort von Toumeya papyracantha, der nicht einmal Horst Künzler bekannt war. Weiter ging es Richtung Belen. Sechs Meilen (oder waren es 16 Meilen?) nordwestlich von San Ysidro fanden wir bei einer großen Betonbrücke vier sehr schöne und große Gruppen von E. triglochidiatus in 1.700 m (Abb. 32). [Hier fehlende Tagebucheinträge sind im 1. Teil dieser Reisedokumentation enthalten (vgl. Ecf 35 Heft 2).] Montag, 7. Mai – Nochmal Arizona An diesem sehr sonnigen und heißen Tag fuhren wir wieder über die I 10 auf die Straße 80 Richtung Süden bis zum Hin- weis „Price Canyon“. Gleich am Anfang, auf einem Berg, leuchteten schöne rot bedornte, bis 60 cm große E. rigidissimus (Abb. 33). Als wir den Schreck der Begegnung mit einer Black Rattlesnake, die sich aber gleich vor uns „verdrückte“, über- wunden hatten, konnten wir die unterschiedlich bedornten Rigidissimus fotografieren und den Standort in Augenschein nehmen. Dadurch fanden wir auch noch E. fendleri (Abb. 34) überwiegend auf der Ostseite. Weiter ging es Richtung Douglas. Östlich des Ortes sahen wir seitlich der Straße in 1.275 m auf Quarzhügeln zwischen versteinertem Holz E. scopulorum subsp. pseudopectinatus (Abb. 35). Dienstag, 8. Mai Von Benson weiter nach Westen mit Tagesziel Globe. An der Countygrenze Pinal/Gila wuchsen in den Felsen und überwiegend an den Ostseiten sehr schöne E. arizonicus in allen Größenordnungen und mit unterschiedlich langer Bedornung (Abb. 36 a und b). Diesen sehr schönen Standort auf ca. 1.300 m mit kleinen Wacholderbüschen, verschieden großen Kiefern, einem kleinen Bach und gut begehbaren Felsformationen haben wir über zwei Stunden genossen. Auf der Weiterfahrt beeindruckten uns bei Winkelman Hunderte Saguaros (Carnigea gigantea). Mittwoch, 9. Mai Bei Globe haben wir E. bonkerae an der Straße auf Hügeln in 1.100 m gefunden (Abb. 37). Die Pflanzen sind sehr variabel: ähnlich wie HN#1 mit ganz kurzen Dornen bis hin zu langen Dornen wie fasciculatus. Bald darauf fanden wir Pflanzen, die noch variabler bedornt waren. Kurz oder lang, mit dickeren oder ganz dünnen Dornen. Vermutlich handelte es sich um E. engelmannii subsp. fasciculatus. Es war ein sehr heißer Tag und in den Bergen war es schwül und dunstig. Über Winkelman zurück nach Globe zur Übernachtung. Seither sind über 38 Jahre vergangen! Doch in diesem riesigen 1984 von uns besuchten Territorium mit seinen unendlichen Weiten, farbigen Felsformationen und Halbwüsten empfand ich eine Faszination, die mich zu weiteren acht Reisen in die USA motivierte. IN MEMORIAM Dipl.-Ing. Klaus Breckwoldt 15.05.1939 – 17.06.2022 Nach langer schwerer Krankheit ist am 17. Juni 2022 unser Kakteenfreund Dipl.-Ing. Klaus Breckwoldt im Alter von 83 Jahren verstorben. Schon in jungen Jahren interessierte sich der gebürtige Hamburger für Kakteen. Seit 1969 ist Klaus dann sehr intensiv in das Kakteenhobby eingestiegen. Der Wunsch, die Pflanzen auch an ihren Standorten zu sehen, war so groß, dass er gemeinsam mit seiner Frau seit Mitte der 1980er-Jahre mehr als 20 Reisen in die USA und nach Mexiko unternahm. 2014 machte er seine letzte Mexikoreise mit einem Kakteenfreund. Von den Standorten der Pflanzen brachte er ein um- fangreiches Bildmaterial und Wissen mit. Klaus ist im Jahr 1988 in die neu gegründete Arbeitsgruppe Echinocereus der Deutschen Kakteengesellschaft e. V. eingetreten. Für die Arbeitsgruppe fasste er die Ergebnisse von Arbeitstagungen in Buchform zusammen: 1992 gemeinsam mit Jürgen Rutow zu „Echinocereus engelmannii (Parry ex Engelm.) Lemaire und seine (fragwürdigen) Varietäten“ und 1996 mit Helmut Matylewicz „Der Echinocereus-polyacanthus-Komplex“. Ab Heft 3/1996 bis 2007 übernahm er die Redaktionsarbeit für die regelmäßig erscheinende Publikation „Der Echinocereenfreund“. Zusätzlich veröffentlichte er zahlreiche Artikel mit fundierten Standortkenntnissen in verschiedenen Kakteenzeitschriften. 1999 übernahmen Sybille und Klaus den Hefteversand und das Literaturarchiv der Arbeitsgruppe Echinocereus. In Anerkennung ihrer umfangreichen gemeinsamen Feldforschung wurden Sybille und Klaus Breckwoldt 2015 mit der Namensvergabe des Echinocereus occidentalis subsp. breckwoldtiorum geehrt. Den Elmshorner Kakteenverein hat Klaus viele Jahre erfolgreich geleitet und im Hamburger Kakteenverein war er lange Zeit der 2. Vorstand. Auch im Arbeitskreis Kakteenfreunde Oststeinbek und Umgebung arbeitete er mit. Mit Klaus verlieren wir einen lieben guten Freund, den wir nicht vergessen werden. Helga Beinder und Traute Oldach Kakteenfreunde Oststeinbek und Umgebung In Kultur beobachtet Roland Rosenkranz Im Frühjahr 2021 erwarb ich von Gerald Niess vier Sämlinge von Echinocereus lindsayorum. Diese waren wurzelnackt und ca. 2–3 cm groß. Ich pflanzte sie in 9x9 cm große Töpfe mit meinem Standard-Substrat, das ich für alle meine Kakteen, auch die etwas heiklen, benutze: 4 Teile Bims, 2 Teile gebrochenes Tongranulat (Ausgleichsschüttung oder im Winter als Streugut im Baumarkt erhältlich), 2 Teile Kokosfaser und 1,5 Teile Kompost nach Terra-Preta-Richtlinien bei mir selbst im Garten entstanden. Im Herbst sah ich dann bei einer Pflanze zwei kleine Kindel aus den unteren Areolen kommen. Das ist sehr ungewöhnlich, da Kindelbildung bei E. lindayorum ansonsten nur von älteren großen Pflanzen bekannt und publiziert ist. Das aktuelle Foto zeigt die kindelnde Pflanze. Ecf 35 (4) 2022 Übersetzungshilfe